«Eine Software soll die Aufgaben einfacher machen»
Das St.Galler Softwareunternehmen Innosolv erneuert zum zweiten Mal in der Firmengeschichte seine Software. Was die neue Software kann, wie die Arbeiten laufen und was die Kunden schlussendlich davon haben, erklärt Innosolv-CEO Manuel Britschgi im east#digital-Interview.
Innosolv entwickelt Software für Energieversorger, die öffentliche Hand und Kirchgemeinden. Wie kam es zu dieser doch etwas aussergewöhnlichen Kunden-Kombination?
Manuel Britschgi: Auf den ersten Blick scheint es wenig Gemeinsamkeiten zu geben – es gibt aber einige. Unsere Software ist modular aufgebaut. Sie ist eine Plattform für Personen, Unternehmen, Gebäude und Grundstücke, Verträge sowie Gebühren und wiederkehrende Abrechnungen. Diese Grundlagen stehen in allen Produkten zur Verfügung. Darauf basierend sind die spezifischen Module z. B. für die Einwohnerdienste aufgebaut.
Bei welcher Software sind die Herausforderungen in der Entwicklung am grössten und weshalb?
Die Herausforderungen sind sehr unterschiedlich. Eine Software soll die Komplexität für den Menschen reduzieren und die Aufgaben einfacher machen. Daraus ergeben sich unendlich viele Herausforderungen.
Zum Beispiel?
Wasser- und Energieabrechnung, Gebühren für Hunde oder Bootsplätze, auch Abrechnungen für Multimedia- sowie Telefonie-Angebote sind nur einige mögliche Abrechnungsarten, die unsere Kunden einsetzen. Zu jeder Abrechnungsart gibt es wiederum sehr viele spezifische Anforderungen. Diese erfüllen wir einerseits mit einem mächtigen und flexiblen Konfigurationssystem und andererseits mit einer Berechnungs-Engine, die alle Fälle korrekt berücksichtigt. Ist das System einmal konfiguriert, benötigt es im Tagesgeschäft nur wenige Schritte bis zur korrekten Rechnung.
«Unsere Lösung bietet eine sehr hohe Funktionalität, ist stabil und ausgereift.»
Nun wird zum zweiten Mal in der Firmengeschichte die Software erneuert. Weshalb ist dieser Schritt nötig?
Unsere Lösung ist eine Business-Software und kommt hauptsächlich im Backoffice zum Einsatz. Sie bietet eine sehr hohe Funktionalität, ist stabil und ausgereift. Das sind Eigenschaften, die für unsere Kunden essenziell sind. Zukünftig verändern sich die Bedürfnisse hauptsächlich bei der Verteilung und beim Betrieb der Software: einfacher, schneller und kostengünstiger. Mit der neuen Software-Generationen als reine Webanwendung werden wir diesem Trend gerecht.
In den kommenden drei Jahren soll die heutige WPF-Anwendung von C#.NET in eine reine Webanwendung transferiert werden. Welche Vorteile hat das für Sie und Ihre Kunden?
Neben tieferen Betriebskosten sehen wir den Kundennutzen vor allem bei der User Experience. Wir haben in diesen Bereich viel investiert und sind überzeugt mit dem neuen Konzept die Benutzerfreundlichkeit zu maximieren. Die neue Webanwendung wird zudem auf allen üblichen Geräten mit Browser funktionieren und responsive, also auch gut bedienbar, sein. Für das Backoffice eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten – inwiefern diese gewichtet werden, ist schwer abzuschätzen. Wir haben aber auch Anspruchsgruppen, die auf eine mobile Anwendung angewiesen sind und dafür stellen wir momentan spezifische Lösungen zur Verfügung. Diese unterschiedlichen Technologien zu konsolidieren, wird unsere Effizienz steigern.
«Seit zwei Jahren arbeiten wir nun intensiv an einem Framework.»
Die Vorbereitungen dafür laufen bereits seit 2018 und abgeschlossen ist das Projekt voraussichtlich 2026. Weshalb dauert das so lange?
Wir wollten nichts dem Zufall überlassen und nahmen uns deshalb für die Vorbereitungen Zeit. Vor allem die Frage nach dem Migrationsszenario ist wichtig. Sie beeinflusst, wie wir uns organisieren und mit unseren Entwicklungsressourcen umgehen. Anforderungen aus den Märkten setzen wir weiterhin zeitnah in der aktuellen Lösung um, bis der Launch der neuen Software-Generation erfolgt ist. Und da wir uns dafür entschieden haben, alle Software-Engineers in einem bestimmten Zeitraum für die Migration einzusetzen, muss die Vorbereitung perfekt sein. Leerläufe bei über 40 Software-Engineers müssen vermieden werden. Wir beschäftigten uns 2020 hauptsächlich mit der User Experience. Seitens Technologie befassten wir uns in der ersten Phase vor allem mit Herausforderungen, die bei Weblösungen auftreten. Seit zwei Jahren arbeiten wir nun mit einem Kernteam intensiv an einem Framework. Dank diesem Framework werden wir bei der Umstellung und auch bei der Weiterentwicklung viel effizienter unterwegs sein.
Wie ist der Stand der Dinge? Läuft alles nach Plan?
Es läuft ausgezeichnet! Das Framework hat einen guten Reifegrad erreicht. Über mehrere Monate wurde es durch einzelne Fachentwickler geprüft und verfeinert. Seit September stellen wir mit allen Fachteams die komplette Software um. Ob wir mit dem Projekt schlussendlich erfolgreich sind, werden wir in wenigen Jahren wissen. Aber eines ist jetzt schon sicher: Der Weg zum Erfolg führt über die Mitarbeitenden. Wir haben ein grandioses Team. Alle sind top motiviert. Und die Projektleitung funktioniert hervorragend. Wenn es so weiterläuft, bin ich überzeugt, dass die neue Software-Generation für den produktiven Betrieb 2026 verfügbar ist und ein voller Erfolg sein wird.
Interview: Patrick Stämpfli
Bild: zVg