Non-Fungible Tokens: Was bleibt vom Hype?

Non-Fungible Tokens: Was bleibt vom Hype?

NFTs sorgten 2021 weltweit für Furore: Als revolutionäre digitale Anlageklasse erzielten sie Milliardenumsätze, bevor der Markt abrupt zusammenbrach. HSG-Professor Andrea Barbon erlebte diesen Boom hautnah mit und zieht in seiner Forschung wertvolle Schlüsse über die Dynamiken von Vermögensblasen und die langfristigen Auswirkungen auf den digitalen Kunstmarkt.

Im Jahr 2021 erlebten NFTs, sogenannte Non-Fungible Tokens, einen kometenhaften Aufstieg. Diese digitalen Zertifikate, die auf der Blockchain gespeichert sind, garantieren die Einzigartigkeit eines Kunstwerks oder eines digitalen Guts. Für Künstler und Investoren bedeuteten NFTs eine völlig neue Möglichkeit, digitale Kunstwerke fälschungssicher und transparent zu verkaufen. Der Markt boomte: Innerhalb von wenigen Monaten erzielte der Handel mit NFTs ein Volumen von über 40 Milliarden Dollar. Plattformen wie OpenSea erlebten einen regelrechten Ansturm, und bekannte Künstler wie Beeple verkauften digitale Werke für Millionenbeträge.

Auch Andrea Barbon, Assistenzprofessor an der Universität St.Gallen, konnte sich dem Reiz dieses neuen Marktes nicht entziehen. Er begann, sich intensiver mit NFTs zu befassen, erstellte eigene digitale Kunstwerke und verkaufte diese erfolgreich auf dem NFT-Markt. Seine ersten Werke wurden innerhalb weniger Tage verkauft, was die Euphorie noch weiter anheizte. Doch so vielversprechend der Anfang auch war, der dramatische Einbruch sollte nicht lange auf sich warten lassen.

Der plötzliche Zusammenbruch des NFT-Markts

So schnell wie der NFT-Markt aufgestiegen war, so abrupt folgte auch der Zusammenbruch. Nachdem die Preise für NFTs zu Jahresbeginn 2021 in die Höhe geschossen waren, stagnierte der Markt bereits wenige Monate später. Investoren zogen sich zurück, und die Nachfrage nach den digitalen Kunstwerken sank rapide. Viele Sammler erlitten massive Verluste, als der Wert der NFTs, die sie für astronomische Summen gekauft hatten, in den Keller fiel. Auch Andrea Barbon spürte die Auswirkungen des Marktrückgangs: Der Wert seiner eigenen NFT-Sammlung, die zunächst erfolgreich gestartet war, schrumpfte erheblich.

Barbon erkannte, dass der NFT-Markt typische Anzeichen einer Vermögensblase zeigte. Die rapide Preissteigerung, das wachsende mediale Interesse und die Spekulationslust vieler Anleger hatten zu einer Überbewertung geführt. Dies erinnert stark an andere historische Blasen, wie die Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre oder die Immobilienblase von 2008.

Lehren aus der Blase: Forschung zu den Marktmechanismen

Gemeinsam mit seinem Kollegen Angelo Ranaldo, Professor für Finance an der HSG, begann Andrea Barbon, den NFT-Markt genauer zu analysieren. Sie sammelten umfangreiche Daten, um die Mechanismen zu verstehen, die den raschen Aufstieg und den anschliessenden Zusammenbruch des Marktes begleitet hatten. Dabei stellten sie fest, dass die spekulative Natur des Marktes eine entscheidende Rolle spielte: Die Mehrheit der Investoren erwarb NFTs nicht aufgrund ihres künstlerischen Werts, sondern in der Hoffnung auf kurzfristige Gewinne. Diese kurzfristige Gewinnorientierung trug dazu bei, dass der Markt überhitzt und schliesslich kollabierte.

Ein zentrales Ergebnis ihrer Forschung war die Erkenntnis, dass erfahrene Trader auch inmitten des Marktcrashs erfolgreich agieren konnten. Diese Marktteilnehmer, die über fundiertes Wissen und langjährige Erfahrung im Handel mit Vermögenswerten verfügten, passten ihre Strategien schnell an und zogen sich aus dem Markt zurück, bevor der Einbruch seine volle Wucht entfaltete. Solches Verhalten ist typisch für Vermögensblasen, und es zeigt, dass eine gewisse Marktsouveränität erforderlich ist, um in Zeiten von Krisen dennoch Gewinne zu erzielen.

Überleben in einem kollabierenden Markt

Während die Mehrheit der NFTs heute kaum noch einen Wert hat, gibt es dennoch einige bemerkenswerte Ausnahmen. Bestimmte NFTs, darunter ein Cartoon-Pinguin, haben den Wertverfall überlebt und sind weiterhin profitabel. Doch der Markt hat sich verändert: Statt nur digitale Kunstwerke zu verkaufen, haben die Schöpfer dieser NFTs innovative Geschäftsmodelle entwickelt. So werden etwa Gewinne aus der Spielzeugproduktion mit den Besitzern der NFTs geteilt. Dieser Wandel zeigt, dass NFTs als reine Kunstwerke vielleicht keinen langfristigen Wert haben, jedoch in Verbindung mit kreativen Geschäftsmodellen weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein können.

Andrea Barbon und Angelo Ranaldo stellten fest, dass der Zusammenbruch des NFT-Markts vielen anderen historischen Blasen ähnelte. Dennoch bleibt die Frage offen, ob sich der NFT-Markt jemals wieder erholen und das Niveau von 2021 erreichen wird. Für viele Anleger bleibt der Crash eine schmerzhafte Erinnerung, doch die Analyse dieser Blase liefert wertvolle Einblicke in die Dynamiken spekulativer Finanzmärkte.

Von der Praxis zur preisgekrönten Forschung

Barbons persönliche Erfahrungen mit dem NFT-Markt und seine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Phänomen haben ihm und seinem Kollegen internationale Anerkennung eingebracht. Ihr gemeinsames Paper über den NFT-Markt und die Mechanismen hinter seinem Aufstieg und Fall wurde auf der renommierten Cryptocurrency Research Conference in Monaco mit dem Best Paper Award ausgezeichnet. Diese Forschung zeigt eindrücklich, wie aus praktischen Erfahrungen wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen können, die nicht nur den NFT-Markt, sondern auch andere spekulative Märkte besser verständlich machen.

Im kommenden akademischen Jahr wird Andrea Barbon eine öffentliche Vorlesung über Vermögensblasen halten. Diese geht über den NFT-Markt hinaus und beleuchtet weitere historische Blasen, wie die Dotcom-Krise oder die Immobilienblase von 2008. In der Vorlesung wird er die grundlegenden Mechanismen von Blasen erklären und aufzeigen, wie Anleger und Marktteilnehmer sich in solchen Situationen verhalten und welche Lehren daraus gezogen werden können.

Die Zukunft von NFTs: Was bleibt vom Hype?

Obwohl der NFT-Markt stark geschrumpft ist, bleibt ein gewisses Interesse bestehen. Besonders NFTs, die Teil grösserer Geschäftsmodelle sind oder populäre Kunst und Künstler repräsentieren, haben eine Überlebenschance. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung von NFTs, um Rechte an Spielzeugproduktionen zu teilen oder eine Community rund um exklusive digitale Inhalte aufzubauen. Solche innovativen Ansätze zeigen, dass NFTs sich zwar als reine Kunstwerke nicht durchgesetzt haben, jedoch Potenzial haben, sich in andere Geschäftsfelder zu integrieren.

Ob der Markt jemals wieder das Niveau von 2021 erreichen wird, ist ungewiss. Klar ist jedoch, dass Andrea Barbon und Angelo Ranaldo durch ihre Forschung wertvolle Einsichten in die Mechanismen solcher spekulativen Märkte gewonnen haben. Diese Erkenntnisse bieten nicht nur für den NFT-Markt, sondern auch für zukünftige Innovationen auf den Finanzmärkten eine wichtige Grundlage.

Den vollständigen Originalartikel finden Sie hier: https://www.unisg.ch/de/hsg-at-a-glance/der-rasante-aufstieg-und-fall-von-nfts/

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