«KI verändert die Entscheidungsfindung in Unternehmen grundlegend»

«KI verändert die Entscheidungsfindung in Unternehmen grundlegend»

Künstliche Intelligenz (KI) ist heute allgegenwärtig und revolutioniert zahlreiche Bereiche unseres Lebens. Das betrifft sowohl Private als auch Unternehmen. Letztere berät Alexander Fürer, CEO der St.Galler Kommunikations- und Digitalagentur TKF und Panel Speaker an der diesjährigen Digital Conference Ostschweiz.

Alexander Fürer, können Sie uns einen Überblick darüber geben, welche KI-Trends Sie derzeit im Business-Alltag als besonders relevant ansehen?
Im allgemeinen Business-Umfeld sind wir mit KI noch in einer frühen Phase. Ausser in spezialisierten Tech-Unternehmen, der Industrie oder in R&D-Abteilungen, stehen die meisten Entscheidungsträger noch am Anfang ihrer Lernkurve mit KI. Der Haupttrend im Business ist daher die Exploration und Grundlagenadaption. Derzeit ist für die meisten Nutzer vor allem relevant, wie sie Generative KI einsetzen, um hochwertige Inhalte zu erstellen, wie etwa der Umgang mit Chat GPT. Wir sehen auch erste Schritte in der Nutzung spezialisierter KI-Agents und SaaS-Lösungen wie Copilot, die bei vielen Aufgaben unterstützen.

Wie setzen Unternehmen KI-Tools derzeit ein, um ihre Effizienz und Produktivität zu steigern? Gibt es besondere Erfolgsbeispiele?
Unternehmen setzen KI-Tools vor allem im Marketing und in der Verwaltung ein, um ihre Effizienz und Produktivität zu steigern. Im Marketing sehen wir KI-gestützte Tools, die in der Lage sind Kundenverhalten hochpräzise zu analysieren oder massgeblichen Einfluss in der Erarbeitung von personalisierter Werbung haben. KI wird auch vermehrt zur Content-Erstellung und im Kundenservice durch Chatbots genutzt. Ausserdem helfen KI-Tools bei der Datenstrukturierung und -analyse sowie bei der Bewältigung vieler administrativer Aufgaben, was die Effizienz erheblich steigert.

«Im allgemeinen Business-Umfeld sind wir mit KI noch in einer frühen Phase.»

Wie verändern KI-Tools die Entscheidungsfindung in Unternehmen?
KI-Tools verändern die Entscheidungsfindung in Unternehmen grundlegend, indem sie helfen, eine breiter abgestützte Entscheidungsbasis zu schaffen. Durch die Fähigkeit, Struktur und bessere Übersicht in grosse Datenmengen zu bringen, ermöglichen KI-Tools fundiertere Entscheidungen.

Können Sie uns konkrete Beispiele geben?
In der Marktanalyse zum Beispiel kann KI Trends und Muster in riesigen Datenmengen erkennen, die für Menschen schwer zugänglich wären. Ein weiterer Anwendungsfall ist das Risikomanagement, wo KI potenzielle Risiken analysiert und präventive Massnahmen vorschlägt. KI-Tools können für Entscheider regelrechte «Superkräfte» freisetzen, indem sie tiefere Einblicke und präzisere Prognosen ermöglichen. Es ist jedoch entscheidend, dass diese Tools überdacht, vorsichtig und routiniert eingesetzt werden. Wenn sich ein Entscheider auf unverifizierte Erkenntnisse verlässt, die er mit Hilfe von KI gewonnen hat, kann das fatale Folgen haben. Daher sollten die durch KI gewonnenen Erkenntnisse stets sorgfältig überprüft und validiert werden, bevor darauf basierende Entscheidungen getroffen werden.

Genauso wichtig wie eine sorgfältige Überprüfung sind in diesem Zusammenhang auch der Datenschutz und ethische Überlegungen. Wie schätzen Sie deren Bedeutung bei der Nutzung von KI-Tools ein?
Beide sind entscheidend. Auch private Unternehmen können sich gut an den Leitlinien orientieren, die der Bundesrat 2020 für den Umgang mit KI in der Bundesverwaltung erlassen hat. Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, sicherzustellen, dass KI-Systeme den Schutz der Privatsphäre gewährleisten und die Datenverarbeitung den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

«KI-Tools können für Entscheider regelrechte ‹Superkräfte› freisetzen.»

Das heisst konkret?
Die Leitlinien betonen, dass «KI-Technologien, welche durch den Bund genutzt werden, so konzipiert werden müssen, dass die Privatsphäre standardmässig geschützt wird und die Datenschutzbestimmungen stets eingehalten werden». Ethische Überlegungen sind ebenso entscheidend. KI-Entscheidungen müssen transparent und nachvollziehbar sein, um Vertrauen zu schaffen und Diskriminierung zu vermeiden. Die Leitlinien betonen, dass «bei der Entwicklung und beim Einsatz von KI die Würde und das Wohl des einzelnen Menschen sowie das Gemeinwohl an vorderster Stelle stehen». Es geht darum, die Menschen durch geeignete Massnahmen und Kontrollen vor möglichen negativen Auswirkungen zu schützen.

Welche Fähigkeiten und Kompetenzen sollten Mitarbeiter entwickeln, um effektiv mit KI-Tools arbeiten zu können?
Zunächst ist Neugierde wichtig – die Bereitschaft, neue Technologien auszuprobieren und deren Potenziale zu erkunden. Offenheit gegenüber Veränderungen und neuen Arbeitsweisen erleichtert die Integration von KI-Tools in den Arbeitsalltag. Ein gesunder Menschenverstand ist essenziell, um die Ergebnisse von KI richtig zu interpretieren und in den richtigen Kontext zu setzen. Kritisches Denken hilft dabei, die Qualität und Relevanz der von KI gelieferten Daten zu hinterfragen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein grundlegendes Verständnis für maschinelles Lernen ist ebenfalls wichtig, damit Mitarbeiter die Funktionsweise und Möglichkeiten dieser Technologie ansatzweise begreifen können.

Kommunikationsfähigkeiten sind entscheidend, um die durch KI gewonnenen Erkenntnisse klar und verständlich an Kollegen und Entscheidungsträger zu vermitteln. Schliesslich sollten Mitarbeiter bereit sein, sich kontinuierlich weiterzubilden, um mit den schnellen Entwicklungen im Bereich der KI Schritt zu halten.

«Das Einzige, was man falsch machen kann, ist nichts zu tun und abzuwarten.»

Welche Rolle spielt TKF in der Entwicklung und Implementierung von KI-Tools und wie unterstützen Sie Unternehmen bei deren Einführung?
Als Kommunikations- und Digitalagentur nutzen wir seit mehreren Jahren KI-Tools aktiv in unserer Arbeit. Weil wir das wachsende Interesse und die grosse Unsicherheit unserer Kunden rund um KI spüren, teilen wir unsere Expertise jetzt verstärkt mit unseren Partnern – vor allem in den Bereichen Marketing, Kommunikation und Administration. Und wir entwickeln auch kundenspezifische KI-Applikationen.

Zum Beispiel?
Unser Inhouse-Development-Team erstellt massgeschneiderte GPT-Tools auf Open-Source-Basis, die besonders interessant für Unternehmen sind, die wegen Datenschutzauflagen oder zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen gängige KI-Tools nicht nutzen können. Seit einiger Zeit bieten wir offene Workshops an, um Unternehmen fit für die KI-Ära zu machen, die wie ein Tsunami über uns rollen wird, ob wir das wollen oder nicht. Mit regelmässigen Hands-on-Workshops für unterschiedliche Zielgruppen helfen wir Ostschweizer Unternehmen, sich auf die Herausforderungen und Chancen der KI vorzubereiten. Denn das sollten sie besser …

Das klingt ein bisschen wie eine Drohung …
Das ist es natürlich nicht. Aber ich sehe es so: Das Einzige, was Unternehmen oder Führungskräfte bei KI im Moment falsch machen können, ist einfach nichts zu tun und abzuwarten.

Interview: Patrick Stämpfli
Bild: Marlies Beeler-Thurnheer

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