#DCONO24: «Automatisierung ist kein Ersatz für menschliche Arbeit»

#DCONO24: «Automatisierung ist kein Ersatz für menschliche Arbeit»

Wie wird Künstliche Intelligenz unsere Wirtschaft verändern? DCONO-Speakerin Prof. Dr. Miriam Meckel von der Universität St.Gallen erklärt die tiefgreifenden Auswirkungen von KI, beleuchtet ethische Herausforderungen und betont die Bedeutung von lebenslangem Lernen und verantwortungsvoller Unternehmensführung.

Miriam Meckel, wie sehen Sie die zukünftige Rolle der KI in der Wirtschaft?
Künstliche Intelligenz wird eine transformative Rolle in der Wirtschaft spielen. Ihre Fähigkeiten zur Datenanalyse, Automatisierung und Entscheidungsfindung werden Effizienz und Produktivität in vielen Bereichen erheblich steigern. Besonders betroffen werden Branchen sein, die stark datengetrieben sind oder repetitive Aufgaben beinhalten – die Finanzbranche, das Gesundheitswesen oder die Logistik.

Welche ethischen Herausforderungen sehen Sie bei der Integration von KI in gesellschaftliche und wirtschaftliche Systeme?
Die Integration von KI bringt eine Vielzahl ethischer Herausforderungen mit sich. Zentrale ethische Fragen betreffen die Fairness und Transparenz der Algorithmen sowie den Datenschutz. Vorurteile in Trainingsdaten dürfen nicht reproduziert oder sogar verstärkt werden – und KI-Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein.

Wie kann die Gesellschaft sicherstellen, dass der Einsatz von KI fair und inklusiv bleibt und nicht bestehende Ungleichheiten verschärft?
Zunächst müssen diverse Teams an der Entwicklung und Implementierung von KI beteiligt werden, um unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse zu berücksichtigen. Ausserdem sollten klare ethische Richtlinien und Standards entwickelt und durchgesetzt werden, die sicherstellen, dass KI-Systeme diskriminierungsfrei arbeiten. Regelmässige Audits und unabhängige Prüfungen der KI-Systeme können dazu beitragen, ihre Fairness und Transparenz zu gewährleisten. Das alles ist ja auch Bestandteil der neuen EU-KI-Gesetzgebung. Schliesslich: Die Weiterbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung über die Funktionsweise und Auswirkungen von KI sind ebenfalls entscheidend, um eine informierte und kritische Nutzung zu fördern.

Welche Qualifikationen werden in der zukünftigen, KI-geprägten Arbeitswelt am wichtigsten sein?
Neben technischen Fähigkeiten sind kreative und soziale Kompetenzen wichtig. Problemlösungsdenken, Innovationsfähigkeit und interdisziplinäre Zusammenarbeit werden entscheidend. Zudem wird es wichtig sein, ein grundlegendes Verständnis für die Funktionsweise und die ethischen Implikationen von KI zu entwickeln. Lebenslanges Lernen und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden, werden ebenfalls unerlässlich sein.

Wie können Unternehmen die Balance zwischen Automatisierung durch KI und der Beibehaltung menschlicher Arbeitskräfte finden?
Unternehmen müssen strategisch vorgehen, um diese Balance zu finden. Automatisierung ist eine Ergänzung und nicht Ersatz für menschliche Arbeit. Unternehmen sollten in Umschulung und Weiterbildung investieren und kreative, empathische Aufgaben den Menschen überlassen. Eine transparente Kommunikation über die geplanten Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Belegschaft kann ebenfalls dazu beitragen, Ängste zu mindern und Akzeptanz zu schaffen.

Was sind die grössten Missverständnisse, die Menschen über KI haben?
Ein häufiges Missverständnis über KI ist die Vorstellung, dass sie bald die Kontrolle über die Menschheit übernehmen könnte, ähnlich wie in Science-Fiction-Filmen dargestellt. In Wirklichkeit sind KI-Systeme Werkzeuge, die von Menschen entwickelt und gesteuert werden. Ein weiteres Missverständnis betrifft die Fähigkeiten von KI: Viele Menschen überschätzen die derzeitigen Möglichkeiten der Technologie – und unterschätzen gleichzeitig ihre potenziellen Risiken.

Wie können Bildungsinstitutionen wie die HSG dazu beitragen, die nächste Generation auf eine von KI geprägte Zukunft vorzubereiten?
Auf vielen unterschiedlichen Wegen: Sie können durch interdisziplinäre Studiengänge, die sowohl technisches Wissen als auch ethische und soziale Kompetenzen vermitteln, einen wichtigen Beitrag leisten. Praktische Projekte und Kooperationen mit der Industrie können den Studenten wertvolle Einblicke in die Anwendung von KI in der Praxis geben. Das ist uns an der HSG aus guten Gründen besonders wichtig. Zudem sollten Bildungsinstitutionen Plattformen für den Austausch und die Diskussion über die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI bieten, um ein kritisches Bewusstsein und verantwortungsbewusstes Handeln zu fördern. Allerdings: Auch die Bildungseinrichtungen selbst müssen sich verändern. Mit generativer KI bekommt jeder Mensch einen potenziell kostenfreien persönlichen Tutor an die Seite gestellt. Das wird unser Bildungssystem mittelfristig grundlegend verändern. Darauf müssen auch die Universitäten vorbereitet sein.

Welche Rolle sehen Sie für Unternehmer in der Entwicklung und Implementierung von KI-Technologien?
Eine wesentliche: Sie können durch innovative Geschäftsmodelle und Anwendungen die Potenziale von KI erschliessen und zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Gleichzeitig tragen sie die Verantwortung, ethische Standards zu setzen und sicherzustellen, dass ihre Technologien fair und transparent eingesetzt werden. Unternehmer sollten auch eine aktive Rolle in der öffentlichen Debatte über die Regulierung und den verantwortungsvollen Einsatz von KI übernehmen. Durch ihre Vision und Führungsstärke können sie dazu beitragen, eine positive und nachhaltige Entwicklung der KI-Technologien zu fördern.

Wie kann die Regulierung von KI auf nationaler und internationaler Ebene gestaltet werden, um Innovation zu fördern und gleichzeitig Risiken zu minimieren?
Die KI-Regulierung sollte darauf abzielen, Innovation zu fördern und gleichzeitig Risiken zu minimieren. Sie muss aber auch flexibel genug sein, um mit den schnellen technologischen Entwicklungen Schritt zu halten – und gleichzeitig klare ethische und rechtliche Rahmenbedingungen setzen. Auf nationaler Ebene können Regierungen durch gezielte Förderprogramme und Investitionen in Forschung und Entwicklung die Innovationskraft stärken. Auf internationaler Ebene sind eine enge Zusammenarbeit und Harmonisierung der Regulierungsstandards notwendig, um einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Transparenz, Verantwortlichkeit und der Schutz der Menschenrechte sollten zentrale Prinzipien jeder KI-Regulierung sein.

Miriam Meckel ist Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St.Gallen und Unternehmerin. Sie lehrt, forscht und publiziert zu neuen Technologien. Vor wenigen Wochen erschien ihr neues Buch «Alles überall auf einmal – wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert und was wir dabei gewinnen können.»

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