Schweizer fühlen sich im Netz zunehmend überwacht
Obwohl digitale Dienste wie Suchmaschinen und Zahlungsplattformen immer stärker genutzt werden, zeigt die neuste Datenvertrauensstudie von Comparis, dass sich Herr und Frau Schweizer zunehmend überwacht fühlen. Besonders beim Eingeben persönlicher Daten im Internet und durch die wachsende Bedrohung durch Phishing-Attacken wächst das Unbehagen.
Obwohl KI mit Programmen wie ChatGPT und Gemini auf dem Vormarsch ist, sind Suchmaschinen nach wie vor beliebt und der mit Abstand meistgenutzte Online-Dienst in der Schweiz. 83,6 Prozent der Umfrageteilnehmer nutzen Google & Co. Hier zeigt sich jedoch: Signifikant mehr über 55-Jährige nutzen Suchmaschinen gegenüber Jüngeren. «ChatGPT und Co. werden immer häufiger für die Suche genutzt und nehmen den Suchmaschinen in Zukunft Marktanteile ab», meint Comparis-Digitalexperte Jean-Claude Frick.
Bei E-Mail zeichnet sich ein Trend zur schwächeren Nutzung ab – wenn auch auf hohem Niveau. Vor 5 Jahren nutzten noch 86 Prozent E-Mail-Anbieter wie Bluewin, Gmail oder GMX. 2024 sind es noch 78,4 Prozent (über 4 Prozent weniger als im Vorjahr). Gegenüber 2019 haben Messenger-Dienste und Chats signifikant an Bedeutung gewonnen und liegen inzwischen mit einem Nutzungsanteil von 77,7 Prozent auf demselben Niveau wie Mails.
Newsportale verlieren demgegenüber an Beliebtheit: Nur noch 55 Prozent lesen Nachrichten auf «20 Minuten» oder «Watson». 2019 waren es noch 63,6 Prozent gewesen. Geschrumpft ist zuletzt auch die Nutzung von Internet-Telefonie über Skype etc. (32,2 Prozent gegenüber 39,8 Prozent 2019). Comparis vermutet, dass die reine Telefonie durch Videokonferenzen ersetzt wurde (vgl. Messenger- und Social-Media-Nutzung).
Wie bereits in den Vorjahren schenken die Befragten Banken (Mittelwert auf einer Skala von 1 bis 10: 6,9) und Behörden (6,7) bezüglich seriösen Umgangs mit Kundendaten am meisten Vertrauen. Allerdings ist beiderorts das Vertrauen im Fünfjahresvergleich signifikant geschrumpft (Banken 2019: 7,2; Behörden 2019: 6,9). «Skandale wie Datenschutzlücken beim Impfportal meineimpfung.ch oder die Übernahme der Grossbank Credit Suisse durch UBS haben das Vertrauen geschmälert», ist Frick überzeugt.
Unbehagen bei Dateneingabe im Internet
Hackerangriffe und Datenskandale haben Spuren hinterlassen bei der Bevölkerung in der Schweiz. Auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht sicher) bis 10 (sehr sicher) beantworteten die Befragten die Frage «Wie sicher fühlen Sie sich, wenn Sie persönliche Daten im Internet eingeben?» über die Jahre stabil tief (2024: Mittelwert 5,5). Für Comparis zeigt sich hier ein über die Jahre konstantes, leichtes Unbehagen bei der Dateneingabe im Netz.
Auch das mulmige Gefühl, sich in den Fängen der Datenkrake zu befinden, ist entsprechend weiter stark. Die Umfrageteilnehmer beantworteten die Frage «Wie sehr fühlen Sie sich generell bei Ihren Aktivitäten im Internet überwacht?» mit einem Mittelwert von 6,8. Das ist derselbe Wert wie 2019.
Phishing und Viren lösen das stärkste Bedrohungsgefühl aus
Nach wie vor fühlen sich die Internetnutzer am stärksten durch Spam-/Phishing-Mails (Mittelwert 6,9) und Viren/Trojaner (Mittelwert 6,7) sowie den Diebstahl/Missbrauch von Zahlungsdaten (Mittelwert 6,5) bedroht. Aktuell sind vor allem Phishing-Attacken präsent. Der Wert hat sich demnach dieses Jahr leicht erhöht. «Die Gründe dafür liegen in immer ausgeklügelteren Phishing-Wellen, welche mit KI-generierten Texten versuchen, an die Daten der Internetnutzer zu kommen», analysiert Digital-Experte Jean-Claude Frick.
Twint setzt sich als sicherstes digitales Zahlungsmittel durch
Herr und Frau Schweizer fühlen sich heute ziemlich sicher beim Einkaufen mit digitalen Zahlungsmitteln. Twint hat sich klar als Spitzenreiter etabliert und auf der Vertrauensskala von 1 bis 10 inzwischen einen Mittelwert von 7,2 erreicht. Damit wird das Schweizer Digitalzahlungsmittel als zweitsicherstes Zahlungsmittel überhaupt erachtet. Nur die Rechnung erreicht mit einem Mittelwert von 8,1 Platz 1. Den 3. Rang belegt die Zahlung per Nachnahme (Mittelwert 7,1).
Die Möglichkeit, zwischen Privatpersonen unkompliziert und schnell Geld überweisen zu können (was Konkurrenzdiensten wie Apple oder Samsung Pay weiter fehlt), zusammen mit der Herkunft aus der Schweiz und dem Support der Schweizer Banken, stärkt laut Frick das Vertrauen in den einheimischen Zahlungsdienst und lässt die Nutzerschaft weiter steigen.
Debitkarten wie Postcard, Maestro oder V-Pay rutschen damit von Platz 2 im Jahr 2023 auf Platz 4 (Mittelwert 6,9). Comparis führt das auf die vermehrte Nutzung des Smartphones zum Bezahlen zurück.
Eine immer noch vergleichsweise tiefe Note (Mittelwert 5,9) erreichen die Bezahlsysteme der Internetgiganten Apple Pay, Samsung Pay etc. «Den Systemen fehlt der lokale Bezug, welchen Twint bietet, sowie die Möglichkeit, unkompliziert privat Geld zu übermitteln. Die Option, Apple Pay und Co. im Ausland nutzen zu können, bringt hingegen keinen Vertrauensbonus», ist Frick überzeugt.
Virenschutzprogramme und Firewalls immer seltener
Obwohl Viren und Trojaner zu den Top-Bedrohungen zählen, verlieren die entsprechenden Schutzmassnahmen an Beliebtheit. Nur noch 22,2 Prozent der Befragten nutzen kostenpflichtige Virenschutzprogramme (2019: 31,0 Prozent). Kostenlose Virenschutzprogramme dienen bei 29,3 Prozent als Vorsichtsmassnahme (2019: 40,5 Prozent). Nur 15,5 Prozent der befragten Personen haben eine zusätzliche Firewall installiert (2019: 26,7 Prozent). Jean-Claude Frick erklärt sich das mit immer besseren Virenschutzsystemen, welche bei Microsoft Windows und Apple MacOS schon dabei sind und die die Installation zusätzlicher Schutzsysteme überflüssig machen.
Privatsphäre-Einstellungen auf Social Media weiter vernachlässigt
Auf Social-Media-Plattformen achten zudem nur 44,0 Prozent auf die Privatsphäre-Einstellungen. Damit ist dieser Wert über die Jahre tief geblieben. Weiter ist der Anteil der Personen relativ niedrig, die regelmässig ihr Passwort ändern (22,5 Prozent). «Es ist enorm wichtig, seine Passwörter öfter anzupassen und die Einstellungen auf den Social-Media-Plattformen restriktiv zu handhaben», mahnt Digital-Experte Jean-Claude Frick.
Der ganze Report kann hier heruntergeladen werden.
Text: pd